China-Reise Herbst 2011 (Reiseroute: www.hotelbus-reisen.de oder Katalog anfordern!)-

Peking ,Mauer - Xi'an , Tonarmee -Yangtze -Shanghai - Kanton - Hong-Kong

Eine Foto-Auslese (89  von 1000!) unter dem Link zum Anschauen: https://skydrive.live.com/redir.aspx?cid=4d2ba599be8f00b7&page=play&resid=4D2BA599BE8F00B7!227&authkey=GIc6hpuB*ro%24  - Um Euch nicht zu überfordern, hört der Bildbericht in Shanghai auf!

Am 19. September 2011 flog ich mit Reisegruppe nachmittags von Frankfurt/Main los. In der verkürzten Nacht glitzerten unter uns die Lichter der Golfregion wie Diamanten. Beim vierstündigen Zwischenstopp in Dubai lernte ich die ersten Namen meiner 24 Mitreisenden. Alles Rentner. Unseren Reiseleiter, einen Sinologen, kannte ich schon. Meine Zimmerkollegin war mir gleich sympathisch, und auch zwei Greifswalderinnen, alle so 12 Jahre jünger als ich.

Als wir in Peking auf dem für die Olympiade 2008 erstandenen Flughafen ankamen, war der nächste Tag schon gelaufen. - Ein Loblied auf die Betten! 150 cm breit, straffe Matratzen (nur in Shanghai etwas lockerer) und Zudecken mit richtigem Bezug! Nicht wie in Amerika und Italien solche unter die Matratze gestopften Tücher. Später haben wir gesehen, wie die leichten  Zudecken gemacht werden: Viele Spinnweben-dünne Schichten von Seide locker übereinander!

Dagegen das Wasser ungenießbar. Gut, man konnte es für Tee oder Kaffee abkochen. In jedem Hotelzimmer ein Wasserkocher. Aber durchs ganze weite Land des Lächelns musste Trinkwasser in Plastikflaschen gekauft werden. Selbst das schmeckte bescheiden. Mein Münchner Mangfall-Wasser hat mich eben verwöhnt. -  Bleiben wir bei dem, was durch den Magen geht: Wir fuhren jeden Abend in ein von der chinesischen Organisation ausgewähltes Hotel zum Essen. Wo wir schliefen, wurde nur gefrühstückt. In Peking war das Essen am besten: abwechslungsreiche Auswahl beim Frühstück, und gut und reichlich die 8 Gerichte, die auf die Drehscheibe eines jeden runden Tisches kamen. Je weiter wir in die Provinz kamen, umso karger wurde das Essen. Das Getränke-Angebot hat sich auf Amis eingespielt: Cola oder Fanta, für die, die kein Bier tranken. Jasmin-Tee (molli-tscha) war dann meine Wahl.

Der Ami-Geschmack zeigt sich auch in der Fülle bunter, kitschiger Plastikblumen, die jede Buddha-Figur schmücken. Es scheint keine kreativen Gärtner zu geben. Selbst in den Vorzeigegärten aus alten Zeiten nur Astern und Chrysanthemen – wie im Herbst auf unseren Friedhöfen.

 

Peking ist seit fast 800 Jahren Chinas Hauptstadt. Neben dem Tian’an Men-Platz (Ihr erinnert Euch an den Juni 1989? Platz des ‚himmlischen Friedens‘! Vorm Mao-Mausoleum noch immer lange Menschen-Schlangen) beginnt die ‚Verbotene Stadt‘ (seit 1987 Weltkulturerbe; blieb während der Kulturrevolution verschont), gut bekannte aus dem Film ‚Der letzte Kaiser von China‘. Insgesamt waren es 24 Kaiser, die dort residierten, mit ihren vielen Konkubinen kopulierten, die wiederum mit Hilfe der Eunuchen intrigierten und im Kampf um die Thronfolge die Kinder ihrer Konkurrentinnen massakrierten.

Der traditionelle Baustil hat sich in 800 Jahren nicht gewandelt. Diese typische chinesische Dachkonstruktion aus Walm- und Satteldächern sei ein Wunderwerk der Statik, die Kräfte von einer Konsole zur anderen ausgleichend, bis hinunter zu den hölzernen Säulen, die mehr als 2000 t tragen müssen. Die drei Stufen bedeuten: Glück, Harmonie, langes Leben. Der Drachenthron in der gewaltigen Audienzhalle des Kaiserpalastes war das Zentrum der Macht im Reich der Mitte und somit des Alls. Brücken über Wässerchen. Bunte Buddhas mit ihren vier grimmig blickenden Wächterfiguren lockten einige Gläubige mit Räucherstäbchen an. Unser chinesischer Reisebegleiter (in jeder Stadt kriegten wir einen zum Bus; alles war reibungslos organisiert;) schätzte, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung gläubig seien, davon die meisten Buddhisten. (Importreligion aus Indien, erstmals im 1. Jh. belegt; hat als Chan-Buddhismus (japan. Zen) Elemente aus den eigentlichen, originalchinesischen Sitten-Lehren aufgenommen: dem Daoismus (japan. Taoismus), Dao = der Weg, der vorgegeben ist; einer Naturphilosophie mit Jin und Jang („Lass laufen, es wird schon gut gehen!“; früheste Wurzeln in der Znou-Zeit: 1040-256 vor Zw., dann von Laotsi fixiert) und dem Konfuzianismus (geb. 551 v. Zw.), einer pragmatischen, verpflichtenden Sittenlehre, als Staatsethik entwickelt, puritanisch. Beides sind Weltanschauungen, keine Religionen! Vermitteln Werte, keine Götter! „Wenn ich die Probleme zwischen den Menschen nicht hier lösen kann, was kümmert’s dann außerhalb der Welt!“ (frei nach Konfuzius)


  Voll Stolz zeigte uns der junge chinesische Reiseleiter das moderne Peking, eingeläutet durch Deng Xiao Ping, Reg. 1978-92: Olympiastadion (2008), die größte Lichtreklame auf einer Hochhauswand, eine Schickimicki-Fußgängerzone, rekordverdächtige Wolkenkratzer. Deren Bau mussten die alten engen Hütten weichen. Jedoch gleich hinter den bis zu acht Fahrbahnen breiten Hauptstraßen, hinter den Hochhäusern, stehen sie noch, die eigentlichen Behausungen des feudalen und des kommunistischen Chinas. Ebenerdig, fensterlos. Die Tür zur Straße, die einzige Öffnung, wird mitunter als mickeriger Verkaufsstand für Plastikeimer u. ä. genutzt. In der Gasse löffeln die Bewohner ihre Nudelsuppe. Knipsen lassen wollten sie sich nicht. Der Abstand zur Hauptstraße war nicht 70 Meter, sondern 70 Jahre! Die Schere zwischen arm und reich verbreitert sich irre schnell in diesem Reich im Umbruch. „Die Altstadt Pekings“, Touristenattraktion, verdeutlichte die alten Wohnverhältnisse. Vermutet man hinter einem kleinen Torbogen das Anwesen einer Familie, belehren die 10 Stromkästen, dass dort wohl zehn Familien dicht bei dicht leben. Ohne eigenes Klo. Sie eilen zur Gemeinschaftstoilette (einem Loch, wie in arabischen Ländern) in der nächsten Straße. - Die qm-Preise im modernen Peking sind bei 4000 Euro; wie in München. Unbezahlbar für normale Chinesen. Alles Spekulationsobjekte, häufig mit Schwarzgeld gebaut. Unser Chinese wohnt  mit Frau, Töchterchen und einem Großeltern-Paar in 12 qm! Demnächst verbessern sie sich auf 24 qm, noch immer drei Generationen zusammen. Diese „günstigen“ Wohnungen liegen am Rand der ca. 28-Millionenstadt. Der Ärmste brauchte ziemlich viel Zeit, um morgens rechtzeitig wieder an unserem Hotel zu sein. Aber auch wir wurden um 6 Uhr geweckt, um unser Tagesprogramm bewältigen zu können.

Ein Tag war der Großen Mauer gewidmet (6700 km?, aber definitiv nicht aus dem Weltraum mit bloßem Auge zu sehen!). Auf der 50 km langen Anfahrt kleine Maisfelder, insgesamt sieben Kühe, kein alter Baumbestand („alles Baumschulen“), und wir sahen und hörten im ganzen Lande kaum Vögel. „Die sind alle gegessen worden“, erklärte unser junger Chinese.  – Es sei daran erinnert, dass allein bei Maos ‚Großem Sprung nach vorn‘ ca. 40 Mill. Chinesen verhungert sind. Vielleicht rührt daher die Bereicherung des Speiseplanes mit Ratten, Schlangen, Skorpionen. Ivos witziger Einwurf (während eines Seminars - noch in den USA, als einer davon schwärmte, dass es in China keine Fliegen gäbe): „Alle schon gefressen“, war also sehr realistisch und weniger witzig.

Auf alle Fälle ist die Mauer beeindruckend, natürlich bin ich auch vom Busparkplatz hinauf- und später an anderer Stelle wieder heruntergestiegen, obgleich es einen Lift gibt. Es wurde auch der vielen Millionen gedacht, die beim Bau (‚Mauer der Tränen‘) dieses Prestigeobjektes ihr Leben ließen. Gigantomanie hat also Tradition dort.  – Und der ‚große Steuermann‘ hielt Schritt: In einer Rede vor Parteiführern sagte Mao 1958: „Was ist so ungewöhnlich an dem Kaiser Shi Huangdi aus der Qin-Dynastie? Er hat nur 460 Gelehrte lebendig begraben, wir dagegen haben 46.000 Gelehrte lebendig begraben. Wir sind dem Kaiser … in Bezug auf die Unterdrückung konterrevolutionärer Gelehrter hundertfach voraus.“[wikipedia]  - Das war im Jahr nach dem Versuch, hundert Blumen blühen zu lassen (1956/57), um Intelektuelle aus der Reserve zu locken.

 

Morgens in den Parkanlagen aller Städte boxten flotte Rentner (Frauen ab 60) gegen Schatten etc. Einer singenden Gruppe boten wir Paroli. In den Pekinger Tagen (immer schönes Wetter; trotz dichten Autoverkehrs keine dicke Luft, wie befürchtet) besuchten wir noch: den Himmelstempel (1420 erbaut): dort am Himmelsaltar erbat der Kaiser als Mittler zwischen der Allmacht und den Menschen eine gute Ernte. Trommel- und Glockenturm in der Nähe der bewahrten Altstadt, und im NW die schöne Anlage des 290 ha großen Sommerpalastes mit künstlichem See und Drachenbooten. Und ein Institut für TCM = Traditionelle Chinesische Medizin, wo mir strahlende Gesundheit bestätigt wurde! J

Die Wartehalle von Pekings Bahnhof ist riesig; dennoch reichen die Sitzplätze nicht aus. Lange bewegt sich nichts, dann werden die Züge im Minutentakt aufgerufen. Eine Tür öffnet sich zu den Bahnsteigen und alles hastet los. Wir fuhren mit dem Schlafwagen (vier in einem Abteil) SSW nach Zeng Zou (ein überdimensionierte Bahnhof, auf dem nur wir ankamen, sonst gähnende Stille.) Von dort aus westlich per Bus nach Luoyang, Provinz Hunan (Wikipedia: in der zentralen Ebene Chinas, die schon während der Jungsteinzeit (vor etwa 7000 Jahren) dicht besiedelt war.)  Auf den Straßen statt der Autos, viele Mopeds – alle elektrisch! Die fahren kreuz und quer, keine Helmpflicht, ihr einziges Kind vor oder hinterm Fahrer, wo gerade Platz ist.

In der Nähe ist das Shaolin-Kloster: Hier hat im 6. Jh. der Mönch Bodhidharma die chinesische Form des Buddhismus (Chan-Buddhismus) begründet. Er war zuvor jahrelang durch Indien gelatscht. Bald merkte er, dass seine Klosterschüler vom vielen meditieren fett und träge wurden. Da verschrieb er ihnen regelmäßige Leibesübungen. Die Geburt des Kung Fu! Man kann ihnen beim Üben nach dröhnender Lautsprechermusik zuschauen. Die meisten kämpfen heute ohne zu meditieren und spekulieren auf eine Filmrolle oder einen Job als Leibwächter. Dort ist auch ein ‚Pagodenwald‘, ein Friedhof der bedeutendsten Mönche und Äbte des Klosters. Mitten in dieser Frömmigkeit hockte ein Mönch und bot Devotionalien an! Meist solche Kullerarmbänder, wie sie auch die islamischen Männer durch die Finger klickern lassen. Katholische Rosenkränze sollen auch so aussehen, wurde mir gesagt. – Tja, global war’s wohl schon immer! Wiki: Nach der Gründung der Volksrepublik China durch Mao Zedong im Jahre 1949 ließ man die Mönche anfangs gewähren, im Zuge der Kulturrevolution ab 1966 wurde der Tempel aber zerstört und die Mönche verfolgt und vertrieben. Die Ruinen des Klosters waren jahrelang nur von wenigen Mönchen bewohnt. Im Jahr 1982 wurde der Tempel durch den Film Shaolin Temple im Westen bekannt und auch für den Tourismus entdeckt. Die chinesische Regierung ließ den Tempel wieder aufbauen und erlaubte, im Zuge einer allgemeinen Liberalisierung der Religionsausübung, nun auch wieder den buddhistischen Mönchen, dort legal zu praktizieren.

In 12 km Entfernung: das nächste Welt-Kulturerbe. Über zweitausend Longmen-Grotten, die am Yi-Fluss in ein 1000 m langes Klippenstück gehauen sind. Beginn dieser bedeutenden Buddha-Kultur-Stätte mit zahlreichen Pagoden, Skulpturen etc. im Jahre 493.

Weitgehend unbekannt steht am Rande von Luoyang ein ganz neues Museum – mit neueren Grabungs-Funden aus mehreren Jahrtausenden chinesischer Kulturgeschichte. Da bekam unsereins einen schönen historischen Überblick. Neuerdings wird beim Bau von Hochhäusern etc. tief gebuddelt, und da kommen ungeahnte Schätze ans Tageslicht. In diesem neuen Museum haben sie einen würdigen Platz bekommen!

 

Mit dem Spätnachmittagszug, der schön voll war, rollten wir in die alte Kaiserstadt Xi’an, Stadt der Nudeln und Maultaschen! In der Provinz Shaanxi. Seit 5000 Jahren bekanntes Kohlerevier. - Was schert uns das schlechte Wetter, die Terrakotta-Armee ist überdacht; jedenfalls die 1000 Figuren die von insgesamt ca. 6000 ausgebuddelt worden sind. Apropos Gigantomanie: Die wurden alle von einem Kaiser (Qishihuang – im 3. Jh. v. Zw.) in Auftrag gegeben. Am Ende hatten die schuftenden Arbeiter die Nase so voll, dass sie begannen, die soeben gefertigten Figuren (bei 1000° gebrannter Ton) wieder zu köpfen! Das ist eine unwahrscheinliche Armee, die da noch in Reih und Glied auf unsere Fotoapparate wartete! Die vielen unterschiedlichen Frisuren! Und die Pferde und Streitwagen und überhaupt alles. Selbstverständlich: die Größte Grabanlage weltweit, um nicht zu sagen im Universum. Ein Historiker um 100 v. Zw. schrieb über das eigentliche Grab des Kaisers: ‚An einer hohen Decke seien tausende von Perlen und Edelsteinen befestigt worden, die den Sternenhimmel symbolisieren sollen. Auf dem Boden befinde sich ein Panorama von China, in dem alle Seen und Flüsse aus Quecksilber nachgebildet worden seien. Die Flüsse sollen durch einen Automatismus ständig fließen. In der Mitte der Halle befindet sich laut Sima Qian der Sarg des ersten Kaisers von China. Die Gänge zur Grabhalle seien gesäumt von Tonfiguren, welche vor allem Tiere und Vögel darstellten.‘ -  Neuere Untersuchungen mit Sonar- und Computertechnik haben tatsächlich eine hohe Quecksilberkonzentration im Berg nachgewiesen.  (Quelle: Wikip.)

Nach diesen Eindrücken hatte es die Große Wildganspagode, noch dazu im Regen, recht schwer, uns zu begeistern: Zu Ehren des Mönches Xuan Zang, der von seiner Pilger- und Studienreise aus Indien wertvolle buddhistische Schriften brachte und sie aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetze.

Xi’an mit seinen ruhigen, nicht überlaufenen Parkanlagen, durch die ich am Abend noch länger spazierte, hat auf mich den angenehmsten Eindruck aller besuchten Städte gemacht. Irgendwie hatte es Flair. – Am nächsten Morgen – unterdessen ist Dienstag, der 27. Sep. - besuchen wir den ‚Stelenwald‘, ein Museum mit gesammelten (2300) alten beschrifteten Steintafeln – in einem ehemaligen Konfuzius-Tempel. Darunter sind auch die ersten Übersetzungen buddh. Schriften ins Chinesische. - Nun stellt Euch mal vor, ich müsste diesen Bericht in Stein einmeißeln! Er würde garantiert viel kürzer!

Ein Bummel durch die Altstadt Xi’ans brachte uns auch zur einzige Moschee Chinas, die im Pagodenstil erbaut wurde. Xi’an war Ausgangspunkt der Seidenstraße. Für die islamisch-arabischen Händler bedurfte es einer Moschee, aber eben im chinesischen Stil – als Pagode. Auch die Farben erforderten einen Kompromiss: Das islamische Grün näherte sich dem kaiserlichen Blau an und wurde Türkis. - Nahezu vollständig „erhalten“ sein soll die breite, 35 km lange Stadtmauer. Jedenfalls wurden im Jahr 2002 mit „freiwilligen“ Arbeitseinsätzen 14 km renoviert. Der Regen hinderte uns daran, das alles nachzuprüfen. - Die Rettung vorm Wetter war ein Salon für Fußreflexzonen-Massage, wo wir uns sanften Chinesinnen-Händen überließen.

Mit dem Flieger südwestlich in die bereits subtropische (Hibiskus blühte noch) Provinz Sichuan, nach Chengdu – bereits 2048 km von Peking entfernt. Im 30 km NO gelegenen Guanghan ließ man uns eine ganze Weile nicht ans Ziel unserer Begierde, das Sanxingdui-Museum mit alten Schätzen der Sichuan-Kultur aus Gold, Bronze, Jade und Elfenbein. Der Strom war ausgefallen! (Heimatliche Gefühle an Jugendjahre in Leipzig wurden wach.) Aber schließlich kam er, der elektrische Strom, und wir konnten mal wieder der Knips-Leidenschaft frönen.

Ganz anderer Natur war unser nächster Programm-Punkt: die Zucht- und Forschungsstation für Pandas. Bambus wuchs da nur wegen der ‚Optik‘; die Mengen zum Füttern werden aus höheren Regionen geholt. Die schöne große Anlage verschluckte die vielen Ahs und Ohs, mit denen wir jeden Panta begrüßten. Sogar in die Station der Frühgeburten durften wir einen Blick werfen – durch Glasscheiben.

Von Chengdu, der Brokatstadt, noch ein ausgiebiger Ausflug nach Dazu zur Besichtigung der Steinskulpturen. Hatte ich mir nicht vorgenommen, keinen Buddha mehr zu knipsen? Aber wer kann einem UNESCO-Welterbe mit Felsschnitzereien, Bas- und Hochreliefs widerstehen? Meine Kamera nicht! Irre! Kleiner Katechismus auf buddhistisch, um das Volk zum Gehorsam zu erziehen, so deute ich die riesige Wand: Ganz oben die himmlischen Richter, dann die Lehrer, darunter die Vollstrecker, die die armen Sünderlein quälen und ins Fegefeuer stecken. Und wieder sehr schön bunt. Die Religionen der Welt haben auch keine differenzierten Ideen.

 

Es war schon duster, als unser Bus uns nach Chongqing brachte. Chongqing soll ca. 38 Mill. Einwohner haben und somit die größte Stadt Chinas, ach Quatsch, der WELT sein! Erst beim dritten Versuch gelang es unserem Busfahrer die nicht gekennzeichnete Abfahrts-Straße zur Schiffsanlegestelle zu finden. Noch ungefähr 50 Stufen, ausgetreten und brüchig, ging es ohne Beleuchtung (das war nicht die einzige Stelle, an der ich dachte: Welch ein Glück, dass Ivo nicht mit von der Partie ist! Ihr wisst schon: ‚Wer seinen Mann lieb hat, der lässt ihn zu Haus!‘) – hinab zum Kai zu unserem schwimmenden Hotel zur dreitägigen Yangtze-Kreuzfahrt stromabwärts. Von Deck aus beobachtete ich ein Feuerwerk – am Vorabend von Nadyas Geburtstag J. Zugegeben, es galt dem bevorstehenden Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China – am 1. Oktober. Na, wenn schon!

Unser erster Stopp auf dem braunen Fluss war in Fengdu, zu einem Landausflug in die Geisterstadt. Die Chinesen glauben (wer’s glaubt, wird selig!), dass die Seelen der Verstorbenen sich hier versammeln. Ohne Touristen hätte man das wohl längst vergessen. Die Geister bereiten offenbar jedem chinesischen Fremdenführer große Freude: Sogar auf modernen Gebäuden bleibt im oberen Stockwerk eine Öffnung, damit die Geister ungehindert durchfliegen können. Brücken (nicht die für Autos, nur für Fußgänger!) verlaufen nicht gerade, sondern im Zick-zack, weil Geister angeblich nur geradeaus gehen können. Bei uns fliegen Geister, aber wohl nicht in China. Und in der Geisterstadt stehen hinter einem Brücklein zwei Wächter (echte); da wird befunden, ob die Seele zu leicht oder zu schwer, zu schwarz oder zu weiß oder was auch immer. Und wieder gab es Buddhas zu knipsen!

Dafür war die berühmte Fahrt auf dem gefluteten, nunmehr breiten Yangtze nicht so fotogen. Aber am nächsten Tag! Wir stiegen bei Fengjie in kleine Boote um und fuhren nun in eine der kleinen Schluchten, die Blasebalg-Schlucht. Da ist der Betrachter den Felswänden beschaulich nahe. Der gegenüber früher um 165 Meter erhöhte Wasserspiegel hat den Lebensbereich von1,2 Millionen Menschen gefressen. Da trübt sich das ‚high-.light‘. An den Hängen hat die Regierung Häuser gebaut, deren tote Fenster zu uns herunter gähnten. Wer sollte die Wohnungen annehmen, um die herum es kein zu bebauendes Land gibt, das die Familie ernähren könnte? Nur steile Felswand der Drachentor-, Eisensarg-, Hexen- und Zauber-Schluchten.

Interessant war es am Abend, als wir fünf Schleusenstufen passierten, um auf der Ebene hinter dem gewaltigen Yangtze-Staudamm anzukommen. Da es noch immer regnete und manches auch abgesperrt war, habe ich die sehr informativen Schautafeln abfotografiert.

Wir verlassen den braunen Fluss, der sich östlich von Shanghai seiner 13 km breiten Mündung träge entgegen wälzt.

Für die vielen Arbeiter ist am Yangtze eine neue Stadt, Yichang, entstanden. Von dort brachte uns ein Flugzeug nach Shanghai. Dieses Abgehobene, das Shanghai in allen Reiseführern nachgesagt wird, stimmt nun nicht mehr. Peking holt auf, mindestens seit Beginn des 3. Jahrtausends, seit der Olympiade. Die Läden für die Reichen, deren Namen ich mir nie merken kann, die gibt es in Kanton und Peking auch. Dennoch, Shanghai ist allmählich gewachsen und gediehen, langsam geprägt durch europäischen Einfluss, zuerst der Engländer, die 1842 die Öffnung Shanghais für den Handel erzwangen. Doch dann auch durch die vielen Flüchtlinge im 2. Weltkrieg, allein 15.000 Juden. - Die Hafenrundfahrt auf dem Huangpu brachte uns den Gebäuden wie der Kongresshalle nahe, dem Bund, der Uferpromenade, auch modernen Wolkenkratzer. Daneben traditionelle chinesische Gärten wie den Yuyuan-Garten. Und den schönsten aller Buddhas – aus weißer Jade, Beutekunst aus Birma, geklaut 1882 von einem Mönchlein, namens Huigen.

Noch einmal kurz zum Yangtze: mit dem Bus nach Suzhou. Durchzogen vom legendären Kaiserkanal und berühmt für Gartenanlagen reicher Kaufleute und kaiserlicher Beamter. Unsere Ansprüche an einen privaten Garten unterscheiden sich doch sehr von denen alter Chinesen. Keine großen Rasenflächen zum Ballspielen und  keinen Swimming-Pool. Jedoch viele kleine krumme Wege, auf denen die Geister nicht weiterkommen!

Wir sahen auch kleine Spinner: die Seidenraupen und wie in alten Zeiten halbautomatisch der Faden gewonnen und versponnen wurde. Im anschließenden Verkaufsraum dann die oben erwähnten leichten, wonniglichen Bettdecken neben anderen Seidenartikeln.

Hangzhou (Provinz Zeijiang), liebliche, gebirgige Landschaft mit Seen und Inseln; Paradies für Rentner und Künstler (wir sahen keine, nur Touristen). Spaziergang durch den Huangang-Park und Bootsfahrt auf dem Westsee – im Regen! Besuch der „Pagode der Sechs Harmonien“. Der Besuch einer der ältesten Apotheken in der Altstadt verführte einige zum Kauf von Gelee Royal! Naja, wer’s nötig hat und daran glaubt. Auch eine Plantage des besten Grünen Tees, des Drachenbrunnentees, (zwischen Mitte März und Mai wird er gepflückt) bekamen wir zu sehen bzw. zu kosten.

Am nächsten Vormittag das Ling-yin Si Kloster, „Kloster der verborgenen Seelen“ besichtigt. Schon 326 v. Zw. soll es von einem buddhistischen Mönch gegründet worden sein. Früher wurde dort nur meditiert, heute weniger. Und noch nen Buddha geknipst! Aber auch gepflegte Blumen. –

Abends Flug SW-wärts nach Guilin in einem südlichen Bezirk; danach kommt Vietnam. Ein auffällig anderer Menschenschlag als in Peking lebt hier. Ethnische Minderheiten dürfen zwei Kinder habe. Es gibt ca. 56 Nationalitäten in China. („Und nur eine Partei“ – würde Ivo bemerken).

Schiffsfahrt auf dem Li-Fluss 80 km bis Yangshou: Durch die Landschaft der vom Nebel umwaberten Karstkegel. Vor 300 Mill. Jahren waren diese noch Sedimente auf dem Meeresboden. - Hier ist die Gegend, wo der Reis wächst. Mühsam. Die Felder müssen geflutet werden und die Stecklinge werden per Hand eingesetzt. Amerika, der größte Reisexporteur, hat Maschinen dafür entwickelt. China lehnt die ab wegen „Gesichtsverlustes“. Es gibt ja genug Arbeitssklaven! Hier sehen wir auch noch Frauen, die ihre Wäsche im Fluss waschen. Es wird noch ein weiter Weg bis ins 21. Jahrhundert in dieser Gegend!

Unglaublich erschien mir die Zahl der Wanderarbeiter: 400 Millionen! Das wäre fast jeder Zweite im berufsfähigen Alter, der oder die wie ein Gastarbeiter im eigenen Land fern der Familie leben muss. Die Arbeitslosigkeit ist auch sehr hoch, obgleich doch fast alles schon ‚made in China‘ ist! Es wird spannend, wie sich das Land mit seinen Gegensätzen weiterentwickelt.

 

Wieder in Guilin besuchten wir die bizarre Tropfstein- „Schilfrohrflöten-Höhle“ Ludi Yan. Grell bunt beleuchtet. Leider.

 

In Kanton überrascht der Ahnentempel der Familie Chen, erbaut Ende des 19. Jh., heute auch Völkerkundemuseum  mit einer Ausstellung feiner Elfenbein-Kunstwerke.

Es regnete noch immer, als wir durch die Appetit tötenden Qing-Ping-Markt-Straßen mit feilgebotenen Schlangen, Kröten und anderen Viechern (für den Kochtopf) streiften. – Der chinesische Begleiter in Kanton sprach am freiesten von der Leber weg. Das chinesische Wort für Genosse bedeute in Kantonesisch Schwuler. Und wir lernten von ihm, dass es drei Wege gäbe, Beamter zu werden: durch Korruption, durch Beziehungen und in den seltensten Fällen auch durch gut bestandene Prüfungen. Die Beamten verbrauchen, so seine Aussage, die Hälfte des Staatsetats.

 Auf unserer Reise besuchten wir auch eine Seidenstickerei, eine Jadeschnitzerei und Süßwasser-Perlenzucht (jeweils nur ein/e Arbeiter/in für uns Touristen). Anschließend wurden wir von dem chinesischen Reiseleiter in die Verkaufsräume geführt. So ein Programmpunkt gab es in jeder Stadt. Das schmälert nicht den Einblick, den wir in die traditionellen Techniken gewannen.

 Auf dem Perlfluss schifften wir von Kanton in die frühere brit. Kronkolonie Hongkong. Da mich mondäne Boulevards nicht sehr interessieren, und im strömenden Regen schon gar nicht, wollte ich eigentlich rauf auf die Aussichts-Höhe. Die lag aber dicht in Wolken gepackt. So fuhren wir mit der längsten Rolltreppe durch den Ort, so hoch es ging, Mit Doppeldecker-Bus wieder zurück; wurden wahre Metro-Experten! Wir mussten zwei Tage irgendwie herumbringen, bis wir am 12. Oktober gegen Mitternacht zum Flugplatz gebracht wurden.

Und ich hatte nichts mehr zu lesen! Das passiert mir nie wieder!

Vor der nächsten so langen Reise schaffe ich mir ein Lesegerät für e-books an! 

 

Liebe Grüße von Thea!  (Derado)